Nr 2

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Vielleicht noch ein paar allgemeine Angaben zum Gefährt! Der 319er wurde als Rahmen mit Vorbau (bis unter die vordere Zierleiste) von Mercedes Benz an die Firma "Fahrzeugbau Wüllhorst" ausgeliefert. Die haben dann mit viel Eisen, Eichenholz und Aluminium den Wagen gebaut. Durch langen Radstand, Verbreiterung und Hochdach entstand ein Laderaum von 4,00 x 2,20 x 2,12 m (LxBxH). Gebaut wurde der Wagen im Auftrag eines Möbel Kaufmanns aus Recklinghausen, der den Wagen am 28. Juli 1965 erstmalig zugelassen hat. Dann durfte der Möbelwagen bis zum November 1980 Möbel ausliefern.
Danach soll er so ca. 5 Jahre bei einem Händler gestanden haben und geriet dann in die Fänge des Vorbesitzers, der daraus ein Wohnmobil gebaut hat, das leider erhebliche Mängel hatte. Der schwerwiegendste Mangel war sicherlich das undichte Dach. Ein großer Teil  Dachwasser lief nicht in, sondern hinter die Regenrinne und das an drei Stellen, so dass der gesamte Innenausbau schimmelig war oder muffig roch. Das Regenwasser sammelte sich sogar im Beifahrereinstieg zu einer kleinen Pfütze. Der Vorbesitzer wollte mir erzählen, es läge an einem aufgebrochenen Dachfenster und ich war bereit alles zu glauben, denn ich wollte unbedingt diesen Wagen haben und muss wohl Augen und Ohren halb verschlossen und alles durch die rosarote 319er-Brille betrachtet haben.
Das zweite Greul war das Fahrerhaus, komplett mit dickem braunem Flauschteppich ausgeklebt und als Krönung, quer über die ganze Breite ein zurecht geschnippeltes Plastik Armaturenbrett aus irgendeinem nicht ganz so alten Laster.
Der Ausbau war insgesamt unüberlegt und lieblos zusammen geschustert, alles zusammen gab dann ein einheitliches Bild. Die Seiten innen waren mit 12mm starken Pressspanplatten verkleidet, dasselbe Material wie es für alle weiteren Einbaumöbel benutzt wurde. Als Finish wurden diese Platten mit grau grünem Schlingenteppich beklebt. Sicherlich keine billige Lösung aber rausgeworfenes Geld. Der Wagen hatte dadurch viel zu viel Gewicht, gut dass der Muff drin hing, sonst wären wir vielleicht tatsächlich einfach so los gefahren und der Neuausbau hätte nie stattgefunden.
Neben materiellen Schwächen hatte der Ausbau aber noch konstruktive Mängel. Erstens war eine normale "Bauhausspülschrank" mit Kocher eingebaut, der wohl nicht recht über den Radkasten passte, also wurden kurzer Hand die Radhäuser abgeschnitten und durch Flache Bleche ersetzt. Tolle Lösung, die dazu führte, dass die Zwillingsreifen in jeder zweiten Kurve an den Blechen schliffen. Die Bleche hatten dadurch richtig schöne Beulen und innen, direkt unter der Gasflasche, war jede Farbe weggebrannt aber die Bauhausspüle passte perfekt.
Ein weiterer Mangel bestand in dem Kofferraum, der nur von innen zugänglich war. Man musste "nur" ein Bett anheben und am besten den Kopf als Arretierung benutzen, denn es waren zwei Hände nötig, um Gummiboot, Campingstühle, Campingtisch, Luftmatratze und Grill rauszerren zu können, na danke!
Ach so ja, da war noch ein Mangel, der Klapptisch für den Innenraum stand während der Fahrt immer oben im Alkoven und musste dann immer rauf und runter gehievt werden, wenn er gebraucht oder nicht mehr gebraucht wurde.
Die "Gasanlage" war nicht eingetragen und bestand aus einer 2,8 kg Flasche mit zwei Schläuchen (je 1,5 m lang) daran für Kühlschrank und Kocher Auch nicht zulässig. Im eigenen Interesse sollte man die Vorschriften für den Einbau der Gasanlage beherzigen, demnach sind Schläuche nur zulässig innerhalb des "Gaskastens, bis zu einer länge von 40 cm, der Rest muss aus starrem Gasrohr verlegt werden. Insgesamt hatte der Wagen damit ein Leergewicht von 3020 kg.
Die Fahrzeugtechnik bot ebenfalls noch einen ganzen Haufen an "interessanten Basteleien. Der rechte Blinker funktionierte nicht. Einschalten führte dazu, dass das Relais anzog und dann durchbrannte. Schlauerweise war die 8 A Sicherung durch eine 32 A Sicherung ersetzt worden, die sicherlich auch noch für einen Kabelbrand gut gewesen wäre. Albernerweise waren nur die beiden Drähte im Blinker vertauscht worden, so dass Plus direkt auf Masse floss.
Die Hupe ging gar nicht und während der Fahrt fiel noch auf, dass hinten links die Zwillingsreifen eierten. Als ich dass kontrollierte und die Räder abnehmen wollte, habe ich mich richtig mit aller Kraft in einen etwas längeren Hebel gelegt, weil ich von meinem alten 319er, was Radmuttern angeht, einiges gewohnt war. Prompt lag ich im Dreck, die Mutter war überhaupt nicht richtig fest. Die übrigen Radmuttern löste ich einhändig mit normaler 1/2 Zoll Knarre und mich überkam ein sehr ungutes Gefühl, damit gefahren zu sein. Als dann beide Räder abgenommen waren, fand sich auch schnell der Grund für das Eiern. Auf einem Bolzen lag die originale Kugelscheibe, auf vier weiteren Bolzen lagen statt dessen einfache Sicherungsringe, wie sie normalerweise unter die Radmuttern gehören und auf einem Bolzen lag die originale Kugelscheibe und dazu noch ein Sicherungsring. Wirklich toll, oder!?  Wohlgemerkt, der Vorbesitzer war Spediteur! Und das aller beste, ein halbes Jahr, bevor ich den Wagen gekauft hatte, hatte der Wagen gerade erst eine 21er Abnahme vom TÜV bekommen. Mich würden die schon vom Hof jagen, wenn der Blinker nicht ginge.
Nach Beheben dieser groben Mängel habe ich mit der Neuaflage des Innenausbaus begonnen. Also habe ich alles rausgerissen und drei Anhänger voll Müll zur Kippe gefahren. Dann ging es los. Das Fahrerhaus von innen entlacken, was gar nicht so leicht war, weil überall der Teppichbodenkleber hing, der sofort alles Schmirgelpapier verklebte, dann alles neu lackieren, so auf die Schnelle. Danach das Fahrerhaus komplettieren mit den Ersatzteilen aus unserem alten 319er (den ich leider geschlachtet habe). Für den Innenausbau habe ich Konstruktionsholz mit 4 o. 6 mm starkem Sperrholz benutzt. Zuletzt musste noch die Gasanlage eingebaut und geprüft werden (Kocher, Heizung, Flaschenkasten) und ein 80 l Frischwassertank sowie ein 40 l Abwassertank habe ich noch unter das Auto gebaut. Alles zusammen hat ungefähr ein Jahr gedauert, dann war das Mobil betriebsbereit, richtig fertig ist es allerdings immer noch nicht. Mit dem neuen Ausbau, Geschirr und Wasser hat es jetzt ein Leergewicht von 2180 kg, darüber war ich sehr erstaunt. Anscheinends haben Pressspanplatten und Teppich so ihr Gewicht, besonders, wenn sie sich voll Wasser saugen.
Die ersten Urlaube in Holland und Dänemark hat er gut Überstanden, toi, toi, toi. So sieht er momentan aus (Sommer 2000 am Strand von Dänemark).
 

Dänemark 2000 Daenemark 2000

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